Ruine Kallenfels

Kirn-Kallenfels

Kallenfels entstand im Mittelalter zu Füßen der drei Burgen Stein, Kallenfels und Stock im Hane. Als reichsunmittelbare Herrschaft hatten die Burgen die Verfassung einer Ganerbschaft. Alle Familienmitglieder nahmen an der Erbschaft teil. Um 1400 hatten etwa 40 Adelsfamilien Rechte an der Anlage, darunter auch die Familie v. Sickingen. 1685 wurde die Anlage im Pfälzischen Erbfolgekrieg zerstört. Seit 1969 ist Kallenfels ein Stadtteil von Kirn.

Nur wenige Betrachter können sich dem Zauber entziehen, den der Anblick der Ruinen der ehemaligen Ganerbenburg Steinkallenfels ausübt. Noch immer beherrschen die auf drei steilen Felsen gelegenen Reste der einst stolzen Anlage den kleinen Talkessel, in dem der Kirner Stadtteil Kallenfels liegt. Wohl um das Jahr 1150 wurde mit dem Bau der Anlage begonnen, als auch die meisten Burganlagen des Nahelandes entstanden. Der Bauherr verfügte zwar nur über ein Territorium von etwa einem Quadratkilometer, das zudem fast völlig von der Wildgrafschaft umgeben war, hatte dort aber umfassende Rechte, so den freien Durchgang zu jeder Tages- und Nachtzeit durch den Hauptort Kirn, Gerichtsbarkeit und Zollrechte in der Kirner Marktmeile.

Ursprünglich gehörte die Anlage einer einzigen Familie, die sich "de lapide" (vom Stein) nannte. Diesen Namen führten nahezu alle Familien, deren Burgen sich auf Felsen befanden. Allein im Naheraum gab es drei "Steine" (Rheingrafenstein, Steinkallenfels, Oberstein), deren Familien nicht miteinander verwandt waren. Auch der Freiherr wurde bereits 1211 zwischen zwei Brüdern geteilt. Es war dies der Beginn einer Entwicklung, die sich in der Folgezeit bis ins Extreme steigerte und schließlich zur Verfassung einer Ganerbenburg führte. Heiratete ein Familienmitglied in ein anderes Geschlecht ein, so ging nicht -wie sonst üblich- sein Besitzanteil an der Anlage verloren, sondern mit dem Besitzer (der Besitzerin) auf die neue Familie über. Diese hatte in der Folge die gleichen Rechte und Pflichten wie die ursprünglichen Eigentümer. Bereits um 1400 kennen wir etwa dreißig Familien, die Anteile an der Anlage besaßen. Zu deren Pflichten gehörte unter anderem, einmal im Jahr zu einem "Maltag" auf Steinkallenfels zu erscheinen und einen bestimmten Beitrag zur Erhaltung der Anlagen zu leisten. Kam einer der "Ganerben" seinen Verpflichtungen nicht nach (oder fehlte er unentschuldigt), so konnte er aus der Ganerbengemeinschaft ausgeschlossen werden.

Diese Zusammenkünfte fanden im Gasthaus zu Steinkallenfels statt, dessen Wirt jeweils für ein Jahr gewählt wurde. Allerdings fand sich ab 1500 kein Wirt mehr, so daß die Versammlungen nach Kirn verlegt werden mußten. Schuld daran war nicht nur der schlechte Ruf der Kallenfelser als Raubritter, sondern auch die Tatsache, daß im Bereich der Burg kaum Menschen lebten und mit Kirn ein größerer Ort ganz in der Nähe lag, der eher zur Einkehr einlud. Offensichtlich scheint ein beträchtlicher Teil der "hohen" Herren so verarmt gewesen zu sein, daß sie nicht einmal in der Lage waren, ihre Zeche zu zahlen geschweige denn ihren Anteil an der Burg. Von Kirner Wirten liegen Klagen über die schlechte Zahlungsmoral der Kallenfelser vor. Einerseits war das Rittertum im Niedergang begriffen, andererseits machte die Einführung der Feuerwaffen Anlagen wie Steinkallenfels überflüssig, deren qualvolle Enge von Autoren wie Ulrich von Hutten eindrucksvoll beschrieben wird. Völlig von fremdem Territorium eingeschlossen, fehlten den Kallenfelser Burgherren die auf Dauer unerläßlichen Abgaben und Wegezölle.

Mit der aus der Not geborenen Wegelagerei war es nach 1500 auch vorbei. Die Anlagen verfielen zusehends und bereits 1568 berichtete der Burgvogt an die Grafen von Manderscheid, daß es durch die Dächer regne und einzelne Gebäude zusammenfielen. Die Ganerbschaft bestand zu diesem Zeitpunkt nur noch aus 16 Mitgliedern. Ihren Lebensunterhalt verdienten sich die meisten männlichen Mitglieder in fremden Diensten. So finden sich in ihren Reihen ein Kaiserlicher Obrist, dessen Nachfahren noch heute in den Niederlanden leben. Ein anderer, Adolf Niklas von Steinkallenfels, stand in Zweibrücker Diensten und hinterließ ein Tagebuch über eine Dienstreise, die ihn 1615 nach Schweden und Livland führte. Auch Nachfahren der elsässischen Linie wohnen noch heute in Bitsch und bei Straßburg. Die Kallenfelser Linie starb endgültig 1778 aus.

Als die Franzosen die Anlage im Zuge des Pfälzischen Erbfolgekrieges 1684 einnahmen und 1686 demolierten, dürfte ihnen das angesichts des desolaten Zustandes keine besondere Mühe bereitet haben. Die Trümmer der Anlage dienten in der Folge bis in die jüngste Vergangenheit der Bevölkerung des sich entwickelnden kleinen Dörfchens Kallenfels sowie der umliegenden Orte als Steinbruch. Kallenfels wurde im 18. Jahrhundert vom den Warsbergern gehörenden Amt Wartenstein verwaltet. Nach dem Ende der "alten Ordnung" wurde das Dörfchen der Mairie Kirn zugeschlagen und gehörte bis 1969 zunächst zur Landbürgermeisterei Kirn- Land, später zum Amt Kirn-Land. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts stieg die Einwohnerzahl durch den in Kirn bestehenden Bedarf an Arbeitskräften so stark an, dass schließlich 1895 ein neues Schulhaus errichtet werden mußte, dessen Schulden die finanzschwache Gemeinde lange Zeit drückten. In diese Zeit fallen ebenfalls die Gründungen der beiden Kallenfelser Traditionsvereine, des Männergesangvereins von 1878 sowie des Turnvereins von 1891. Im Zuge der Verwaltungsreform wurde die selbständige Gemeinde Kallenfels der Stadt Kirn zugeschlagen. Das Ende der selbständigen Schule kam zum Ende des Schuljahres 1969/70. Diese wurde in der Folge zu einem gut genutzten Gemeinschaftshaus umgewidmet. Mit der Aufnahme ins Dorferneuerungsprogramm des Landes Rheinland-Pfalz begannen erste Arbeiten im Laufe des Jahres 1993.

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